Erntedank! Kartoffeln, Äpfel, Getreide, natürlich auch Kleidung und beruflicher Erfolg, sicher. Dafür bin ich unglaublich dankbar, aber das habe ich letztes Jahr schon gesagt, und vorletztes… Aber worüber habe ich an Erntedank vielleicht noch nicht so intensiv gesprochen, obwohl ich dafür seeehr dankbar bin? … Pilze! Ja natürlich, das ist es. Ich liebe Pilze. Waldpilzpfanne, Steinpilzrisotto, Pilzsuppe mmh. Ein herrlicher Herbstspaziergang und danach noch den Korb voller Pilze, ein Traum! Pilze sind absolut unglaubliche Dinger, fast so erstaunlich wie ein Besuch im Planetarium. Was haben Pilze mit Gott zu tun? Naja, oft muss man lange suchen, bis man sie findet und der größte Teil von ihnen ist absolut unsichtbar. Sie bringen mich zum Staunen. Außerdem sind sie auch irgendwie unverfügbar, auf Hoffnung hin geht man los und sucht und oftmals findet man nichts Brauchbares. Im Herbst schenken uns Wälder nicht nur bunte Blätter, sondern auch eine feine, oft glitschige Überraschung: Pilze. Erntedank ist der perfekte Moment, dem Schöpfer für sie unseren Dank auszusprechen – nicht nur für den Geschmack, sondern auch für ihre ökologische Rolle. Pilze sind ja weder Pflanze noch Tier, sondern ihr ganz eigenes Königreich im Imperium der Organismen. Sie zersetzen abgestorbene Materialien, schließen Nährstoffe im Boden ein und helfen Bäumen beim Wachsen. Ohne sie hätten unsere Wälder weniger Luft zum Atmen und wir weniger Würze im Eintopf. Pilze sind auch die geheimen Netzwerker des Waldes: Sie kommunizieren unterirdisch über das sogenannte Myzel, verbinden Bäume wie Nachbarinnen und Nachbarn: „Guten Tag, ich schicke dir Kalium, du schickst mir Zucker.“ So wie das bei uns in der Nachbarschaft im besten Fall auch funktioniert. Ein kollektives System von Zusammenarbeit, das manchmal sogar besser funktioniert als im Menschenreich. Pilze sind so skurril wie vielfaltig, so lecker wie ekelhaft, so medizinisch nützlich wie giftig. Gibt es eigentlich irgendwas, was Pilze nicht können? Nein, ich glaube im Reich der Pilze ist nichts unmöglich. So ähnlich wie bei Gott, da haben wir es wieder. Und irgendwie gehören auch die unangenehmen Pilze dazu und sollen nicht völlig unerwähnt bleiben, ja es gibt auch Fußpilz und andere fiese Pilze, die richtig krank machen können. Falls Sie Pilze sammeln, denken Sie an Sicherheit: Nur Pilze nehmen, die Sie sicher bestimmen können! Nicht jeder Pilz ist köstlich, manche sind gefährlich und manche sind schlichtweg uninteressant. Wertschätzen wir dennoch die Vielfalt, bei den Pilzen, wie bei unseren Mitmenschen. Mancher Pilz, der uns wertlos oder uninteressant erscheint, hat eine wichtige ökologische Funktion, die wir nicht auf den ersten Blick sehen können. In Psalm 104 wird beschrieben, wie Gott die Erde voller Fruchtbarkeit gestaltet. Pilze erinnern mich daran, dass Fülle viele Formen haben kann und dass Gottes Fürsorge oft über das Sichtbare hinausgeht.
Ihre Pfarrerin Anne Simon