Stockdunkel. Leises Getuschel. Dann das Geräusch vom Anzünden eines Streichholzes.  Die große Osterkerze brennt. Erste Worte werden gesprochen und gesungen. Eine Gruppe Menschen bewegt sich dabei durch den Mittelgang der Dorfkirche. Man sieht nur die Umrisse derer, die da laufen und derer, die in den Bänken sitzen. Jedes Jahr in der Osternacht sind es dieselben Texte, die das Besondere dieser geheimnisvollen Nacht erklären und einen weiten Bogen spannen vom Anfang allen Lebens, vom Tod und dessen Überwindung. Wer es häufiger erlebt hat, kennt den Ablauf. Ich bin Berufsanfängerin und das erste Mal dabei. Irgendwann werden die Kerzen an den Bänken entzündet, es wird etwas heller, man kann Gesichter erkennen. Einige nicken sich zu.

Und dann verschwindet einer der Mitwirkenden in der Sakristei. Plötzlich wird es taghell. Der Mann hat einen großen Schalter im Elektrokasten der Kirche umgelegt und nun sind alle Lampen an. Gleichzeitig setzt die Orgel ein. Der Organist holt alles aus dem Instrument heraus. Es ist immer dasselbe Lied an dieser Stelle „Auf, auf, mein Herz, mit Freuden“. Die Gemeinde singt weiter „nimm wahr, was heut geschieht, wie kommt nach großem Leiden nun ein so großes Licht“. Ein Jahr vor Ende des 30-jährigen Krieges hat Paul Gerhard den Text geschrieben. Im Krieg war sein Elternhaus zerstört, sein Bruder und eine Nichte von Soldaten ermordet worden. Er hatte Jahrzehnte voller Gewalt, Tod, Krankheiten miterlebt. Hinzu kamen im Laufe seines Lebens viele Verluste. Er wird früh Waise, vier seiner fünf Kinder sterben im Säuglings- bzw. Kleinkindalter und er überlebt seine deutliche jüngere Frau. Dennoch schreibt er von einem „großen Freudenspiel“ und „Die Welt ist mir ein Lachen.“ Von diesem Lied geht eine kraftvolle Osterhoffnung aus: Als es entstand, als ich es in einer Dorfkirche bei Apolda mitgesungen habe und auch heute. Wir leben in schwierigen, Angst machenden Zeiten. Wenn doch auch jemand den Schalter umlegen könnte, so wie damals der Mann in der Kirche – und es würde hell und klar und gut… wünsche ich mir – wissend, dass es nicht so einfach ist. Und dass wir mit einstimmen, wenn die Einladung erklingt „auf, auf, mein Herz, mit Freuden“.