Die Wunden und das Heilen

Ich habe die Nachrichten durchgelesen und wieder mal gedacht, warum ist die Welt nur so zerrissen? So viele Verletzungen entstehen im Umgang untereinander: durch Beleidigungen, Unfairness, Ausgrenzungen und Kriege. Eine heile Welt wünsche ich mir. Und ich weiß, ich bin mit meinem Wunsch nicht allein. Auf der Suche nach einer heilen Welt sind wir fast alle.

Manchmal erstreckt sich diese Suche dahin, dass wir möglichst eindeutige Erklärungen für komplexe politische und gesellschaftliche Zusammenhänge finden wollen. Wir sind ungeduldig, möchten oft eine schnelle Lösung haben. Wenn dann Menschen die öffentliche Bühne betreten, die einfache Erklärungen parat haben, sind sie willkommen. Endlich jemand, der Heil und Rettung verspricht.

Es gibt aber keine vollkommene Rettung oder Heil für eine Gesellschaft, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. Diese Realität müssen wir aushalten.

Es wird immer Verletzungen und Narben von Erlebnissen, aus Beziehungen, durch Schicksalsschläge geben. Als wir Kinder waren, uns verletzt haben, und es tat weh und die Tränen flossen, kam die Mutter oder der Vater, taten Pflaster darauf, trösteten uns und sagten: heile -heile- Segen. Das tat gut.

Heute sind wir erwachsen. Bis zu einer bestimmten Grenze können wir uns selbst heilen oder mit Verletzungen fertig werden.

Doch manchmal sind wir so tief verletzt, so schwach oder überfordert mit dem Ganzen. Wer hilft uns dann die Wunden zu heilen?

Der Prophet Jeremia wurde tief verletzt. Die Menschen haben ihn zu oft ausgelacht, zu oft angegriffen. Irgendwann konnte er nicht mehr darüberstehen, irgendwann spürte er, wie stark er verletzt wurde. Das Unverständnis der anderen schmerzte ihn zu sehr. Er wandte sich an Gott im Gebet und bat ihn: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so wird mir geholfen.“ (Jeremia 17,14) Wir brauchen einen, der das Heil bringt. Einen, der ein heilendes Wort zu mir spricht. Der den Himmel über mir aufreißt, damit ich Neues sehen kann.

Das vermochte Jesus. Er lebte vor, wie wir manche Wunden vermeiden können. Die schmerzhaften Wunden entstehen dadurch, dass Menschen nicht wahrgenommen werden, sich ausgegrenzt fühlen und den Eindruck haben, es wird ohne ihre Beteiligung über sie entschieden. Jesus war den Menschen zugewandt und fragte sie, was sie nötig haben.

Er befähigt uns, dass wir Wunden, die untereinander entstanden sind, heilen. Das geht mit Wertschätzung, Respekt, Vergebung, und indem wir Menschen in die Entscheidungen einbeziehen.

Heilsame Begegnungen in der Herbstzeit wünscht Ihnen Mariana Willer, Pfarrerin