25.01.2024
Chorleiter Volker

mit Leidenschaft auf der Suche nach den schönsten Harmonien

„Du hast ja zugeschaut wie ein Eckerchen! Willst Du vielleicht auch Trompete spielen?“ Es war mein Großvater an seinem 65. Geburtstag, der einen für mein Leben weitreichenden Impuls gab: Wir feierten im Kreise der Familie, als der Posaunenchor der Kirchgemeinde im Garten erschien und dem Herrn Pfarrer ein Ständchen brachte. Ich muss sehr fasziniert von den vielen goldenen Instrumenten gewesen sein, denn schon am nächsten Mittwoch war ich im Lutherhaus zu meiner ersten Anfängerstunde. So fing es für mich an. Das war 1991. Und ich, damals ein Knirps von neun Jahren, hatte keine Ahnung, dass ich mich auf eine wohl lebenslange Liebe zur Musik eingelassen hatte.  Heute leite ich selbst den Posaunenchor Jena, stehe manchmal vor bis zu 30 Bläsern und kann diese Musik sogar ohne Instrument gestalten – was für ein Hochgefühl!


Seit 1991 bin ich diesem Chor treu geblieben, nachdem ich während der Schulzeit auch ´mal zusätzliche Ausflüge als Bläser unter anderem in die Posaunenchöre Alt-Lobeda, Isserstedt und Großschwabhausen gemacht habe, sowie während des Studiums in Hannover-Bolzum und Lehrte auch außerhalb des Jenaer Posaunenchores Erfahrungen sammeln durfte. Die vielfältigen Erlebnisse und Erfahrungen, die interessanten Einsatzorte und nicht zuletzt die tollen Menschen, die ich in diesen über 30 Jahren kennenlernen durfte, prägen mich als Musiker und als Menschen. Posaunenchorbläser, darüber bin ich jede Woche aufs Neue begeistert, sind wunderbare Leute! Wann immer man zusammen kommt, ist man gleich Teil einer harmonischen Gemeinschaft. Einer Gemeinschaft, die für mich einem wöchentlichen Urlaub vom Alltag gleich kommt.


Als Jungbläser habe ich das so freilich nicht voraussehen können. Das Üben war mir nicht selten eine lästige Pflicht. Auch wenn mir diese halbe Stunde täglich das Geschirrspülen ersparte. Mit dem Einstieg in den Posaunenchor kam dann nach dem anfänglichen Einzelunterricht aber die Erfahrung hinzu, dass alles Üben kein reiner Selbstzweck ist, sondern mir wunderbare Musikerlebnisse mit Gleichgesinnten schenkt.


Als im Jahr 2007 der Aufruf des Posaunenwerkes zur Gründung eines Auswahlchores für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) kam, nahm ich an meinem ersten musikalischem Auswahlverfahren teil und war sehr aufgeregt, ob ich denn mit den anderen interessierten Bläsern mithalten kann. Nun gehöre ich seit fast siebzehn Jahren zur Gründungsbesetzung in einem Chor, der ein Aushängeschild für alle Posaunenchöre der EKM sein soll, bestehend aus Bläsern aus den Posaunenchören – kein Profi-Ensemble mit Berufsmusikern. Hier soll Posaunenchorliteratur so erarbeitet werden, dass zuhörende Bläser sofort Lust bekommen, diese Musik mit in ihre Chöre zu nehmen, auszuprobieren und selbst zum Aushängeschild für Kirchenmusik zu werden. Ich selbst versuche viel von dieser Arbeit im Auswahlchor in den Posaunenchor zu bringen und seien es nur ein paar Kniffe und Tricks, welche ich von dem Landesposaunenwart als Dirigenten abschauen kann. Auch wenn der Terminkalender durch den Auswahlchor immer voller wird, so möchte ich die Erlebnisse dort nicht mehr missen. Nie hätte ich gedacht, dass ich ´mal direkt neben einem Bundespräsidenten spielen würde - 2008 bei der Abschlussveranstaltung der Hansetage in Salzwedel neben Horst Köhler - oder als Bläser ´mal einen Einsatz in Brüssel haben würde - 2012 in der dortigen deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde. Auch die Eröffnungskonzerte zu den Kirchentagen in Dresden 2011 auf dem Altmarkt und in Hamburg 2013 auf dem Rathausmarkt vor 25.000 Zuhörern sind unbeschreibliche Erfahrungen, die 1991 so nicht absehbar waren.


Jetzt stehe ich jede Woche vor diesem Klangkörper und kenne inzwischen die Stärken und Schwächen des "eigenen" Posaunenchores ziemlich gut. Die Erkenntnis, dass ich mit ein paar Handbewegungen und ein bisschen in der Luft herumfuchteln viele einzelne Bläser zu einem Chor werden lassen kann, ist beeindruckend und macht mich immer wieder stolz.